Die Zeit radikaler Umstellungen auf dem Linux-Desktop scheint vorbei. Gnome 3,
Systemd, KDE Plasma, Snap und Flatpak werden seit Jahren relativ still mit
kleinen Versionssprüngen weiterentwickelt. Jede neue Version bringt ein paar
Verbesserungen, stellt das System aber nicht auf den Kopf. Diese Routine bei
den Neuerungen zeigt, wie ausgereift der Linux-Desktop bereits ist. Unter der
Haube tut sich allerdings einiges, Ubuntu 22.04 bringt ein paar nur
oberflächlich unscheinbare Neuerungen. Auf den ersten Blick machen sie den
Linux-Desktop noch ein bisschen nutzerfreundlicher, aber dahinter stecken
durchaus große und grundlegende Projekte mit langfristigen Auswirkungen. Die
drei Linux-Expert:innen Pina Merkert, Keywan Tonekaboni und Sylvester Tremmel
stecken tief genug im Thema, um sich über das Für und Wider zu streiten. Der
größte Aufreger ist, dass Ubuntu nun wichtige Programme wie Firefox nur noch
im eigenen Paketformat Snap anbietet. Das gute alte mit apt
installierte
Debian-Paket hat ausgedient. Die drei Linuxer:innen haben Verständnis für den
Schritt: Snap kapselt die Abhängigkeiten gleich mit und verspricht in Zukunft
weniger Probleme mit inkompatiblen Bibliotheken. Allerdings ist den dreien der
zentrale Snap-Store ein Dorn im Auge, da die Firma Canonical die alleinige
Herrschaft über ihn hat. Die Snap-Alternative Flatpak ist ihnen da lieber,
weil sie andere Quellen als den verbreiteten Flat-Hub zumindest zulässt. Die
dritte Alternative AppImage fällt technisch durch, sie integriert sich weniger
elegant ins System. Beim Desktop geht Ubuntu bei einer Neuerung von Gnome 42
noch nicht ganz mit: Libadwaita kommt bei den Gnome-Programmen in Ubuntu 22.04
noch nicht zum Einsatz. Die Bibliothek ersetzt Themes, die in den letzten
Jahren zu Wildwuchs bei den Bedienoberflächen geführt haben. Entwickler hatten
zuletzt kaum die Möglichkeit vorherzusehen, wie ihre Programme bei Nutzern mit
deren Themes aussehen werden. Die Folge waren falsche Abstände, abgeschnittene
Icons oder schwarze Schrift auf dunkelgrauem Hintergrund. Libadwaita schränkt
die Einstellmöglichkeit auf ein dunkles und ein helles Theme ein. Canonical
geht das für Ubuntu 22.04 zu weit, die Ablehnung scheint aber nicht so
fundamental, dass die Bibliothek nicht in einem späteren Ubuntu Einzug halten
wird. Der letzte Aufreger ist Nvidias weiterhin proprietärer Grafiktreiber.
Der funktioniert seit einigen Monaten prinzipiell auch mit Wayland, weshalb
für Ubuntu 22.04 Wayland-Sessions auch mit Nvidia-Karten erwartet worden
waren. In der Ubuntu-Beta gab es aber noch Fehler und Nvidia bat Canonical,
Systeme mit Nvidia-Treiber standardmäßig mit dem Wayland-Vorläufer X11 zu
starten. Zum Release war Wayland für Nutzer mit Nvidia-Grafik dann sogar gar
nicht auswählbar. Die harte Voreinstellung lässt sich aber umgehen und Mutige
können den Treiber auch in Wayland ausprobieren. Nach hitzigen Diskussionen
bleibt nach dem c’t Uplink ein Fragezeichen stehen: 2022 könnte durchaus ein
Jahr des Linux-Desktops sein. Aber dieses Jahr wurde schon sehr oft eher
erfolglos ausgerufen. Die drei Expert:innen raten zum Ausprobieren, denn
bereit für den produktiven Arbeitseinsatz ist der Linux-Desktop längst. Mit
dabei: Keywan Tonekaboni, Sylvester Tremmel und Pina Merkert SPONSOR-
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